Ana María Mendoza de Acha

Zuerst muss ich sagen, dass ich mich sehr geehrt fühlte, als ich gebeten wurde, diese Zeilen zu schreiben. Aber mehr noch war ich begeistert von der Idee, die Zeugnisse von 100 Frauen aus Schönstatt aus der ganzen Welt kennenzulernen.

Welche Erfahrungen haben Sie als Frau geprägt?

Geprägt von meinem katholische Elternhaus und aus einer salesianische Erziehung heraus, baute ich meine Identität als Kind der Gottesmutter auf – keineswegs aufgrund einer jugendlichen Stimmung, sondern als gereifte Entscheidung, Maria in ihrer Erziehung und in ihrem Beispiel zu folgen.

Wo in Ihrem Leben haben Sie Gott erfahren?

Mein Gotteserlebnis hatte ich nicht an einem bestimmten Tag, zu einem besonderen Anlass, sondern ich erlebte Gott seit meiner Kindheit ganz natürlich. Obwohl er mir anfangs mächtig und vielleicht strafend vorkam, erfuhr ich im Laufe der Jahre in einer liebevollen Beziehung mit ihm seine Barmherzigkeit.
Aber meine Beziehung zu ihm wurde viel intensiver, als ich 2003 mit meiner Partei “Patria Querida” (“Geliebtes Vaterland”) als Nationalsenatorin in den Nationalkongress einzog.
Mehr denn je legte ich täglich meine Aufgaben im Palament in die Hände Gottes und der Gottesmutter. Furchtlos arbeitete ich für alle und fragte nie, zu welcher Partei ein Bürger gehörte, der um Unterstützung bat.

Was sehen Sie als die Herausforderung für Frauen heute?

Wir hatten viele sehr stressige Situationen zu bewältigen. Ich fühlte mich bis dahin als Frau nie diskriminiert, da ich von einer Mädchenschule kam und mein vorheriger Beruf hauptsächlich von Frauen ausgeübt wurde. Doch in der Politik erlebte ich größere Herausforderungen. Um das eigene Können zu beweisen, muss eine Frau viel mehr Anstrengung aufbringen als ein Mann. Bei gleicher Anstrengung ist es der Mann, der letztlich den Platz erhält. Das habe ich wiederholt in verschiedenen Lebensbereichen erfahren.
Ich finde das wirklich demütigend, als ob der Körper einer Frau eine Bedrohung für sie selbst sei. In sehr vielen Fällen muss die Frau, um eine Arbeit oder eine Beförderung zu bekommen, dem sexualisierten Druck nachgeben, der sie, je nach dem Zustand ihrer Verwundbarkeit, zu einer leichten Beute für diejenigen macht, die sie ausnutzen wollen.
Andererseits sah ich mich in hunderten von Fällen verpflichtet, sie zu verteidigen, wenn ich in Gesprächsrunden oder sogar in Senatssitzungen höre, wie Frauen entwürdigt werden. Es werden keine Argumente gegen die Ideen der Frauen, mit denen sie nicht einverstanden sind, gebracht, sondern Ausdrücke gebraucht wie “diese Dicke…” oder “Hört mal, was die Kleine sagt…”
Dennoch ist es sehr schwer, Auseinandersetzungen zu hören, in denen nach einem Argument gegen die Meinung eines Mannes Ausdrücke verwendet werden wie “Dieser Glatzkopf…!” oder “Hört mal, der Dicke…”
Es ist ein ausdrücklicher Mangel an Respekt gegenüber der Frau, die gegenüber solchen Situationen eine sehr starke Position einnehmen muss.

Was möchten Sie durch Ihr Leben in dieser Welt verändern?

Als mein Mandat 2013 endete, kehrte ich in meinen Beruf zurück. Ein Jahr später beteiligte ich mich mit Pater Pedro K. und einer Gruppe von Jugendlichen an der Entwicklung der “Stiftung zur Förderung von Werten und zur Gewaltprävention” (“fundación para la promoción de los valores y prevensión de la violencia” – “FUNDAPROVA”) und darin am Projekt “Haus der Mutter von Tuparenda”, einem Haus, das Jungen zwischen 16 und 18 Jahren aufnimmt, um ihnen eine umfassende Ausbildung zu geben und sie wieder in die Gesellschaft einzugliedern und ihnen den Weg in den Arbeitsmarkt zu eröffnen.
Wir sehen diese Jugendlichen als Opfer dieser Gesellschaft, die ihnen keine Möglichkeiten bietet. So sehr sie sich Bildung oder Arbeit wünschen, werden sie doch von der Gemeinschaft ausgeschlossen, was sie in ein Leben in der Kriminalität führt, vor allem, wenn ihr familiäres Umfeld bereits auf diesen Abwegen geht.

Ich suche eifrig die Gerechtigkeit in dieser Welt. Doch mehr noch als auf Gerechtigkeit wird es mir schwer fallen, auf ein würdevolles Leben für alle zu verzichten.

Es ist sehr wichtig, sich für die anderen zu interessieren, herauszufinden, auf welche Weise man Unterstützung geben kann, um Lebensqualität zu verbessern, vor allem, damit sie glücklicher sein können.

Diese Aufgabe gefällt mir sehr. Ich will täglich und im Verborgenen denen helfen, die mich um Hilfe bitten. Ich denke, wenn wir uns alle um unseren Nächsten kümmern würden, sähe diese Welt ganz anders aus. Es ist nicht unmöglich, es ist nur eine Entscheidung.