Maria Lohaus

1958 geboren in Gelsenkirchen, Deutschland, seit 1979 verheiratet mit Prof. Dr.-Ing. Ludger Lohaus, drei Kinder, vier Enkelkinder; berufliche Tätigkeit als Erzieherin und Musikpädagogin, seit 2005 freischaffende Künstlerin http://www.Maria-Lohaus.de; seit 1986 Mitglied im Schönstatt-Mütterbund; seit 2014 Diözesanleitungsteam der Schönstattbewegung im Bistum Hildesheim; seit 2016 Leitung Seminare „Baustelle Lebenshaus“ in Schönstatt gemeinsam mit P. Lothar Herter und Birgit Nikolayczik http://www.baustelle-lebenshaus.de

 

Welche Erfahrungen haben Sie als Frau geprägt?

Als junges Mädchen bin ich mit einem Frauenbild groß geworden, das die Frau vorwiegend in ihrer Funktion als Mutter und Hausfrau sieht. So wurde ich Erzieherin, heiratete jung, bekam drei prachtvolle Kinder und baute Familie. Nach den Kleinkinderjahren studierte ich Malerei und Grafik und arbeite heute freiberuflich als bildende Künstlerin.

Als Mitglied des Schönstatt-Mütterbundes hat mich die Erfahrung geprägt, dass mein Sein als christliche Frau und Mutter eine wichtige Bedeutung für meine Familie und mein Umfeld hat und dass ich dabei in Maria eine Weggefährtin finde.  Mein Frauenbild wandelte sich im Laufe der Zeit. Ich machte die Erfahrung, dass ich meine Entscheidungen selbstbewusst, frei und eigenverantwortlich treffen und mein Potential neben meiner Rolle als Mutter und Ehefrau in mir zur vollen Entfaltung bringen kann.

Als mein Mann eine Professur an der Universität von Hannover annahm, baute ich an unserem neuen Wohnort eine Malschule für Kinder und Jugendliche auf.  Es war eine sehr erfüllende Tätigkeit, die mir viel Freue bereitete und in der ich meine pädagogische Erfahrung einbringen konnte. Ich bin gerne Mutter und Erzieherin und bereue es bis heute nicht, dieses Familienmodell gemeinsam mit meinem Mann bewusst gewählt zu haben. Neben der Familie habe ich mich kreativ in ehrenamtlicher Tätigkeit wie der Leitung von Mutter-Kind-Gruppen, in der Gemeindearbeit engagiert oder auch in den Schönstatt-Mütterbund eingegeben.

Wo in Ihrem Leben haben Sie Gott erfahren?

Gott habe ich in meinem Elternhaus erfahren. Meine Eltern waren sehr unterschiedliche Charaktere. Meine Mutter, die schon als junges Mädchen der Münsteraner Mädchenjugend angehörte und nach dem Katholikentag 1968 zum Schönstatt-Mütterbund fand, vermittelte uns eine tiefe Marienliebe und einen authentischen Glauben an einen liebevollen Vatergott.  

Mein Vater, ein sehr geradliniger, pragmatischer, tief gläubiger Katholik, konnte mit der marianischen Volksfrömmigkeit nicht viel anfangen. Er vermittelte uns einen Glauben an einen gerechten Gott, den es als Autorität unbedingt anzuerkennen galt.

Das unterschiedliche Gottesbild meiner Eltern habe ich intensiv bei ihrem Sterben erlebt. Es hat meinen Glauben an einen persönlich liebenden Gott vertieft. Meine Mutter, die viele Jahre lang schwer dement ans Bett gefesselt war und sogar ihre Gliedmaße nicht mehr zu gebrauchen wusste, hatte im Augenblick des Sterbens einen klaren, strahlenden Blick und ein Lächeln im Gesicht. Sie starb in dem Augenblick, als unser Bruder ein Familiengebet unserer Großmutter vortrug. Drei Ihrer vier Kinder konnten in der Sterbestunde bei ihr sein.

Mein Vater starb 20 Jahre vor unserer Mutter. Er ging sehr bewusst in den Tod. Nach kurzer schwerer Lungenerkrankung fühlte er sein Sterben herannahen und rief jedes seiner Kinder einzeln zu sich ans Sterbebett. Keiner von uns vermochte es zu glauben, dass er sterben würde, da er einen kraftvollen, klaren Eindruck machte. Ich wurde von ihm gesegnet und er bat mich um Vergebung seiner Schuld mir gegenüber. Es hat mich zutiefst erschüttert, meinen Vater so demütig zu erleben. Vier Stunden später starb er.

Was sehen Sie als die Herausforderung für Frauen heute?

In den gesellschaftlichen, privaten und beruflichen Lebensbereichen, in denen Frauen heute als Frau, Mutter, Ehefrau und Tochter leben, sehe ich die Herausforderung darin, das Frausein ganzheitlich zur vollen Entfaltung bringen zu können. Das beinhaltet die Chancengleichheit für Frauen, die gerne ihrer Mutterrolle nachkommen möchten und zugleich ihr Potential in Wirtschaft, Staat, Kirche oder Gesellschaft einbringen wollen. Hier besteht nach wie vor ein hohes Maß an Entwicklungspotential. Aus dem frühen Christentum wissen wir, dass Frauen als Führungskräfte von großer Bedeutung für ihre Zeit waren. Auch heute benötigen wir christliche Frauen, die ihr Frausein neben ihrem Sein als Mutter und Ehefrau maßgeblich in Wirtschaft, Politik, Kirche und Gesellschaft einbringen.

Was möchten Sie durch Ihr Leben in dieser Welt verändern?

Ich möchte mit daran bauen, dass Frauen sich selbst vertrauen können, dass sie frei, stark und selbständig nach ihrem eigenen Gewissen orientiert leben und das in einer tiefen Verbundenheit mit Jesus Christus. In diesem Zusammenhang gilt es auch Maria neu zu entdecken und ihr eine Bedeutung für gelingendes Frausein von heute zu geben. Mich fasziniert ein christliches Menschenbild, das zu einer Gesellschaft beitragen kann, in der Frauen die Chance erhalten, ihre Fähigkeiten und Begabungen in Familie, Beruf, Kirche und Gesellschaft so miteinander zu vereinen, dass sie mit sich in Harmonie sind und fruchtbar ihr Umfeld gestalten können.

Dafür setze ich mich gemeinsam mit Birgit Nikolayczik und Pater Lothar Herter in dem von uns 2016 gegründeten Projekt „Baustelle Lebenshaus“ ein. In unseren Seminaren für junge Frauen ab 25 Jahren sind wir jeweils dem persönlichen Gottesverhältnis auf der Spur und setzen uns kritisch mit unserem Leben und dem Zeitgeist auseinander. Die persönliche Berufung bedarf einer persönlichen Gottesbeziehung, die uns im Alltag trägt und hält.

Es macht Freude, die eigene Welt, so klein sie auch sein mag, umzugestalten, Klima zu schaffen und zu erkennen, dass Freiheit nur in der Übernahme von Verantwortung zu verwirklichen ist. Es macht Freude, zu entdecken, dass wir unser Streben, unser ganzes Sein zu einer Gabe werden lassen können, es der Gottesmutter schenken und sie es zu einer Quelle des Segens für viele Menschen werden lassen kann. Keine von uns kann etwas dafür, wie ihr Gott nähergebracht wurde, wie wir ihn einst vermittelt bekommen haben. Als freie Menschen haben wir aber die Möglichkeit, uns auf eine neue eigene Sicht einzulassen und im Glauben neu anzufangen. Gott jedenfalls gibt uns lebenslang entsprechende Chancen.