Rose Luminiello

Geboren 1991 in Illinois in den USA, ging zum Studium nach Schottland: 2014 MSc Moderne Britische und Irische Geschichte, Universität Edinburgh. 2019 Promotion in Geschichte, Universität Aberdeen. In den letzten Jahren ihres Promotionsstudiums gründete Rose eine Gruppe, aus der die Schönstatt Women’s Professional League (SWPL) in den Vereinigten Staaten hervorging. Rose arbeitet derzeit an einem gemeinsamen Projekt, das die Bedeutung der irischen Ordensschwestern für die Entwicklung des Katholizismus in der irischen Diaspora, insbesondere in Amerika, Afrika und Ozeanien, ermitteln soll. In der Schönstattbewegung gehört sie zu den Berufstätigen Frauen.

Welche Erfahrungen haben Sie als Frau geprägt?

Diese Frage ist schwer zu beantworten, weil es wirklich um das Wesen einer Frau geht; etwas auszuwählen ist eine Herausforderung.

Eines der Dinge, die ich als besonders wertvoll an Frauen erfahren habe, ist unsere Fähigkeit und unser Drang zu endloser Liebe, sei es die Liebe zu einer Freundin, die Sorge um einen anderen Menschen, die Hilfe für eine Kollegin oder einfach der Wunsch, dass andere Erfolg haben.  Aus dieser Perspektive ist das, was mich am meisten geprägt hat, die Schönstatt-Gemeinschaft: Ich habe so viele Jahre in verschiedenen Funktionen im Retreat Center in Waukesha mit den Schwestern gearbeitet, für die Familien, die Mädchen/ jungen Frauen, die Kampagne der Pilgernden Gottesmutter, für zufällige Besucher… Was auch immer lief, ich war dabei. Wenn ich zurückdenke, fällt mir am meisten auf, dass all diese Arbeiten in den Gliederungen rein aus aufrichtiger Liebe zu den Einzelnen getan wurde. Es war egal, ob man die Person schon kannte oder nicht: jede Interaktion war von einem Lächeln, von Güte begleitet. Alles war aus Liebe geboren. Wir waren eine geistliche Familie, weil wir uns für diese Grundhaltung der Liebe entschieden hatten. Dieser Geist hat mich über die Jahre begleitet, und deshalb habe ich mich entschieden, professionell im akademischen Feld zu arbeiten. Natürlich gefällt es mir zu forschen, aber was mich angetrieben hat, war, dass ich jungen Erwachsenen helfen wollte, zu verstehen, was sie antrieb, was sie liebten und wer sie sein konnten. Der Kontakt mit meinen Studierenden in den Klassenzimmern und bei den Treffen ist von demselben Verlangen zu dienen getrieben, das ich in meiner Jugend- und Teenagerzeit in Schönstatt kennengelernt habe; alles ist motiviert von der Liebe zum einzelnen Menschen. Diese Jahre in Waukesha waren für mich lebensverändernd, denn sie haben mein Verständnis davon geprägt, was es heißt zu lieben.  Ich kann mir nicht vorstellen, wer ich wäre ohne diese Zeit.

Wo in Ihrem Leben haben Sie Gott erfahren?

Ich glaube, Gott war in meinem Leben am offensichtlichsten gegenwärtig, als er meine Jugend und mein Erwachsenenleben in meiner Karriere zusammengebracht hat.

Als ich in der Schönstatt-Bewegung Mädchen / junge Frauen war, habe ich viel Zeit mit den Schönstätter Marienschwestern verbracht. Weil ich so oft im Retreat Center war, hatte ich das einzigartige und ungewöhnliche Privileg, die Schwestern in ihrem Miteinander als Familie zu beobachten und zu verstehen und manchmal hineingenommen zu sein in das Besondere dieses Geistes.

Diese Erfahrungen sind wunderbare Erinnerungen und prägend dafür, wie ich Katholizismus und Schönstatt konkret erlebt habe, und als Erwachsener wurden sie zu etwas mehr – zu einem Verständnis des Charismas und der inneren Wirkkräfte des religiösen Lebens; einer Religiosität, die viel tiefer ist als die der Mehrheit der Gelehrten, die diese Themen studieren.

Dieses Wissen und instinktives Verständnis von religiösen Orden und Säkularinstituten hat mich in die Lage versetzt, eine Stelle bei einem der führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der Geschichte der Ordensfrauen anzunehmen, und zwar in einem Projekt, das das säkulare Verständnis davon, wie Ordensfrauen leben, was sie tun und warum sie es tun, sowie von ihrer Bedeutung für die Menschheitsgeschichte radikal verändern wird.  Dieses Thema ist nicht etwas, was ich mir für mich selbst ausgesucht hätte, und es ist klar, dass alle meine Lebenserfahrungen von Gottes Hand für dieses Ziel zusammengeführt werden.

Was sehen Sie als die Herausforderung für Frauen heute?

Die Herausforderung besteht heute darin, authentisch zu leben – nicht in einem weiten Sinne der „authentischen Frau“, sondern in Verbindung mit dem persönlichen Ideal.

Unsere persönlichen Ideale sind von Natur aus privat, von Natur aus spirituell und oft schwer zu erfüllen. All diese Merkmale stehen im Gegensatz zu dem, was die Welt ist oder was sie uns vorgibt zu sein: Die sozialen Medien fordern uns auf, zu viel zu teilen, und die Menschen fühlen sich berechtigt, Informationen über uns oder unser Leben zu erhalten, ganz gleich, wie intim oder heilig sie sind; das Spirituelle oder Religiöse wird als dem Säkularen diametral entgegengesetzt angesehen und deshalb verworfen, angegriffen oder verspottet; und wenn etwas keine unmittelbare Wirkung oder keinen Zweck hat, der nach den von der Welt gesetzten Erfolgsmaßstäben als wertvoll erachtet wird, wird uns gesagt, dass es keinen Wert hat.

So werden wir im persönlichen Ideal aufgefordert, ständig als die authentische, gottgewollte Version von uns selbst in einer Welt zu leben, die ihm direkt entgegengesetzt ist, und das kann oft entmutigend und isolierend sein. Ich denke, dass das für uns als Frauen einfach deshalb herausfordernder sein kann, weil die authentische Weiblichkeit, zu der wir alle auf unsere eigene Weise berufen sind, ebenfalls angegriffen wird und Frauen hier einer doppelten Bedrohung ausgesetzt sind. Unsere größte Herausforderung besteht also darin, das persönliche Ideal von Augenblick zu Augenblick auf authentische Weise als Frau zu leben.

Was möchten Sie durch Ihr Leben in dieser Welt verändern?

Als ich unter meinem früheren Doktorvater eine neue Stelle antrat und dabei meine historischen Themen sich grundlegend veränderten, fragte er mich: „Warum ist dieses Projekt so wichtig für Sie?“

Da wurde mir klar, dass sich zwar meine Interessen verschoben hatten, dass aber im Kern beider Ideen etwas in mir zum Schwingen kam: Ich möchte weltliche Gelehrte und Personen dazu bringen, zu verstehen, warum der Glaube so wichtig ist; ich möchte das Religiöse mit dem Säkularen versöhnen; ich möchte zeigen, wie wichtig es ist, den Glauben zu verstehen, um das Handeln in der Welt voranzutreiben.