Schwester M. Herta Einig

Geboren 1926 in Deutschland, Schönstätter Marienschwester, Missionsschwester in Chile. 1963 Beginn ihrer Gefängnispastoral; sie schrieb mehrere Bücher für die Gefangenen. Schw. M. Herta starb am 17. Mai 2020, wenige Wochen, nachdem sie dieses Zeugnis gegeben hatte.

Welche Erfahrungen haben Sie als Frau geprägt?

Eine gute Erfahrung, die mich intensiv geprägt hat, war mein schönes Zuhause und die Möglichkeit, auch anderen Familien zu begegnen. Auch das Gemeinschaftsleben bei den Marienschwestern lehrte mich viele Dinge. Ich lernte, mit verschiedenen Schwestern wie in einer Familie zusammenzuleben. Alles das half mir, mich um andere zu sorgen, ihnen nahe zu kommen, sie zu verstehen und ihnen zu helfen.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich unendlich dankbar und zufrieden bin mit der Aufgabe, die Gott mir im Gefängnis geschenkt hat. Er hat mir einen der großen Wünsche meiner Jugendzeit erfüllt. Meine Gemeinschaft hat mich dabei sehr unterstützt. Sie ließ mir Freiheit, so dass ich handeln und mich in meinem Dienst entfalten konnte, als ich mit der Arbeit im Gefängnis anfangen wollte. Als ich verschiedene Aktionen organsierte, vertraute sie mir und unterstützte mich; wenn das nicht gewesen wäre, hätte ich nichts tun können.

Ich betrachtete meinen Dienst immer als einen Weg, der Kirche zu helfen und sie auszubreiten. Sie ist Mutter und möchte allen ihren Kindern nahe sein, besonders denen, die leiden, weil sie ihrer Freiheit als Gotteskinder beraubt sind. Die Kirche sucht Werkzeuge, die die barmherzige Liebe des Vaters zu den leidenden Brüdern und Schwestern tragen.

Wo in Ihrem Leben haben Sie Gott erfahren?

Ich konnte erfahren, wie Gott besonders in Schwierigkeiten nahe ist, wenn wir großes Leid erleben. In der jetzigen Lebensphase habe ich die besondere Nähe Gottes in meiner Krankheit erlebt. Er hilft tragen und ertragen.

Ich habe die Nähe Gottes auch in vielen Personen im Gefängnis erlebt. Sie sind dort Gott begegnet und haben ihr Leben in einem langsamen Prozess mit Gott in Verbindung gebracht. Ich durfte Bekehrungen erleben. Die Menschen waren zuerst verschlossen, aber auf einmal begannen sie, sich zu öffnen, nach und nach näherten sie sich ihm, lernten ihn kennen durch die Lehre der Kirche und durch menschliche Nähe, bis sie schließlich vertraut mit ihm waren und ihn annehmen konnten. Viele beichteten, sie sprachen auch mit mir über das, was sie dem Priester sagen wollten. Der Priester kann Vergebung schenken, ich hingegen konnte Wege aufzeigen, beraten und begleiten.

Was sehen Sie als die Herausforderung für Frauen heute?

Dass die Frau wirklich Frau ist, mütterlich, offen für alle und nicht diktatorisch… dass sie bei ihrer Arbeit ein gewisses Maß einhält, dass sie bei aller Arbeit ihre Hauptaufgabe nicht vergisst: die mütterliche Hingabe und das Bemühen, Familie zu bauen.

Heute ist es schwierig, ein gutes Zuhause zu schaffen, die Familie aufzubauen und die Kinder zu erziehen. Viele Frauen haben dies in ihren Familien und bei ihren Müttern nicht erlebt. Es gibt viele Mütter, die nicht bei ihren Kindern sein können, weil sie arbeiten müssen, um die Familie zu ernähren. Sie sehen sich gezwungen, die Kinder auf der Straße oder bei anderen Menschen zurückzulassen. Manchmal trifft sie das harte Schicksal, dass sie unter der Untreue ihrer Ehemänner leiden müssen.

Es ist eine Herausforderung für Frauen, eine gute Mutter und gleichzeitig berufstätig zu sein. Ebenso die Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit bei der Arbeit.

Was möchten Sie durch Ihr Leben in dieser Welt verändern?

Es gibt so wenig Gottverbundenheit; ich möchte eine Botschaft der Hoffnung hinterlassen – dass alle Freunde Gottes werden, auf ihn vertrauen, für ihn arbeiten und ihm alles schenken… das ist die Hauptsache. Wenn man auf Gott vertraut, dann hilft Gott. Wir müssen vertrauen, dass wir etwas verändern können, mit der Hilfe Gottes und mit unserer eigenen Kraft.

Ich wünsche mir mehr christliche Familien, und dass sie wirklich als Christen leben. Viele gehen auf schlechten Wegen, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben und weil sie niemanden haben, der sie berät, der ihnen hilft; manchmal aufgrund von Armut oder Unwissenheit…

Es sollte mehr Gleichberechtigung geben, dass wir uns gegenseitig helfen, dass alle ein gutes Zuhause haben, eine gute Arbeit, beständige Partnerschaften, mehr Entwicklungsmöglichkeiten für alle. Manche Menschen haben keine guten Chancen, keine Bildung, keine Arbeit, keine Hilfe.