Schwester María Auxiliadora Bohórquez Triviño

Geboren 1959 in Ecuador, fünf Geschwister, Juristin, bereiste von Jugend an viele Länder und lernte mehrere Sprachen. Nach ihrem Eintritt in das Säkularinstitut der Schönstätter Marienschwestern lange Zeit mitverantwortlich in der Leitung der chilenischen Provinz, tätig in verschiedenen Schönstattgemeinschaften mehrerer Länder, in nationalen und kontinentalen Beratungs- und Koordinationsaufgaben der Schönstattbewegung; Begleitung sozialer Projekte, Beratung gemeinschaftseigener Schulen, in ihrer Freizeit Aquarellmalerin mit eigener Edition.

Welche Erfahrungen haben Sie als Frau geprägt?

Die bedingungslose Liebe meiner Eltern und Geschwister. In meiner Jugend hat mich die Weisheit meiner Mutter geprägt, die mich zu Gott und zum Guten führte, wobei sie meine Freiheit respektierte, ohne dass ich mir dessen bewusst wurde.

Ich wurde geprägt durch die Wertschätzung meiner Freunde und der Marienschwestern bei meiner Ankunft als Kandidatin.

In der Gemeinschaft prägte mich die Erfahrung, dass wir Familie sind. Es war wie das Ankommen in einem neuen Zuhause, nicht bei einer Institution oder in einem Gebäude, sondern in einer Familie, mit neuen Eltern und Geschwistern.

Was mich auch geprägt hat, war die Zuwendung, die ich den Menschen auf unterschiedliche Art und Weise schenken konnte. Jeder ist eine Schule. Es ist wunderbar, Familie zu erleben mit Frauen, Männern, Ehepaaren, Jugendlichen, Priestern, in den Schönstatt-Teams, wenn man einer Gliederung dient, ein Jubiläum vorbereitet oder eine Bundesgemeinschaft begleitet. Dabei habe ich intensiv erlebt, welche Freude es ist zu lieben. Wenn man gemeinsam etwas schafft, redet man nicht nur theoretisch über Solidarität, sondern wir freuen uns an der Schönheit gelebter Solidarität. Ich denke dabei an viele mir kostbare Momente, in denen wir diesem herrlichen Werk einen weiteren Stein einfügen konnten. Es ist eine Freude, die nicht vergeht.

Und ich wurde geprägt durch die Prüfungszeiten, die Hindernisse, die ich überwinden musste: die viele Arbeit, oder wenn ich, ohne darin erfahren zu sein, meinen täglichen Rhythmus dem der Jugend, oder dem von Mitschwestern oder anderen Personen anpassen musste. Ich erlebte gesundheitliche Krisen, die mich fast das Leben kosteten. Und ich erlebe Stunden der Hilflosigkeit, wenn ich nicht weiß, wo ich anfangen soll, um die angestauten Aufgaben zu erledigen. Dann bitte ich Gott: Hilf mir und lass mich ruhig werden. Und dann geht es.

Diese meine Prägung ist so stark, dass sie mir Sicherheit für meinen Weg in dieser Welt schenkt. Ich konnte viel reisen, allein, konnte mit Unbekannten in Kontakt kommen. Weil mich meine Familie und meine Sendung fasziniert und ausfüllt, ist für mich manches „Weltliche“ nicht mehr so attraktiv, obwohl ich genauso menschlich bin wie jeder andere auch. Diese Sicherheit kommt von Gott, der mir eine solch anziehende Familie geschenkt hat.

Meine Beziehung zu Jesus ist mein Fels. Ich fühle mich wie Johannes, der Lieblingsjünger. Wir haben eine große Vertrautheit. Er liebt mich bedingungslos. Die Gottesmutter und Pater Kentenich ebenso. Aber das hätte nicht genügt, wenn nicht meine Gemeinschaft vor allem ein warmes, schönes Zuhause wäre.

Wo in Ihrem Leben haben Sie Gott erfahren?

In meiner Kindheit, im Herzen meiner Eltern. Die Advents- und Weihnachtslieder, die wir zusammen mit meinen fünf Geschwistern sangen… Von klein auf sangen wir im Dezember, fast jeden Tag. Das drang tief in meine Seele ein. Auch die Bilder von Jesus und Maria in unserem Haus und in meinem Zimmer.

Ich habe Gott in vielen erfahren: immer wieder in Menschen, die mich auf meinem persönlichen Weg begleitet haben, in Pater Kentenich, im Heiligtum, in der Gottesmutter – meiner Mutter „für alle Fälle“.

Ich habe Gott stark erfahren, wenn ich Leid erlebte. Als ganz junge Schwester fühlte ich mich noch nicht zuhause, weil ich gerade erst bei den Schwestern angekommen war. Ich begriff, dass es eine „Familie“ war, aber ich wusste nicht, ob ich soweit kommen würde, mich wie ein „Vogel im Nest“ geborgen zu fühlen. Und ich verstand, dass ich ohne diese Erfahrung nicht genügend Kraft haben würde. Ich war sehr unabhängig gewesen. Ich fühlte eine große Unsicherheit, hing irgendwie in der Luft.

Ich machte den Sprung in die liebenden Vaterarme Gottes und vertraute, dass ER es möglich machen würde. Als ich bei meinem „Ja“ blieb, auch ohne Garantien, empfand ich eine Freude, die mir niemand nehmen konnte. Auch wenn es befriedigend ist, zu wissen, dass etwas gelingen wird; es gibt nichts Besseres, als ins Ungewisse zu springen, wenn dich Gott darum bittet, und auf seine Hilfe zu vertrauen. Ich tat es, weil ich spürte, wie Jesus mir sagte: Ich bin immer bei dir und du wirst eine Heimat haben. Und – welch eine Wirkung! Er hat mich nie auch nur einen Augenblick allein gelassen. Er hat mir alles geschenkt. Er hat im Überfluss für das gesorgt, was ich nicht konnte. Deshalb weiß ich, dass ich bis zu meinem Tod alles haben werde, was ich brauche. Weil der, der es mir versprochen hat, mich nie enttäuschte. Ich dagegen enttäusche ihn manchmal. Aber er nicht. Das ist das immense und geheime Glück meines Lebens.

Ich habe Tage mit tausenden von Geschenken. Und auch schwere Stunden, Missverständnisse, Verluste. Es ist die Freude der Liebe, die Freude, ein wunderbares Nest zu haben, die mich überglücklich macht.

Was sehen Sie als die Herausforderung für Frauen heute?

Ein Nest haben, es bewahren, verschönern und SCHENKEN. Ein Nest auf der Erde und im Himmel lässt die Frau gesegnet und stark sein, ganz gleich ob sie jung oder alt ist, arm oder reich, hübsch oder nicht.

Ein Nest zu haben bedeutet, Menschen zu haben, die dich lieben und die du aus ganzem Herzen liebst. Und eine Mission haben, für die es sich zu leben lohnt. Eine Mission schenkt auch Heimat, Familie! In vielen Fällen sind die Eltern, Geschwister, ein Freund oder Ehemann, Kinder, Enkel, eine Gemeinschaft, dieses irdische Nest. Mit ihnen strebst du Werte und Ziele an. In anderen Fällen wird dieses Nest gebildet durch die Mitarbeiter bei deiner Sendung, in deinem Arbeitsleben, in deiner Pfarrei oder in deinen „goldenen Jahren“.

Die Familie ist in hervorragender Weise das Nest; man hat es und baut es für andere. Wenn sie vollständig ist – herrlich! Aber sie bleibt auch Nest, wenn sie es nicht ist. Nicht einmal demjenigen, der allein lebt, fehlt es an einem Nest, weil Gott es ihm auf andere Weise schenkt. Manchmal ist das Nest in deiner eigenen Seele, wenn du dich von IHM und seiner Mutter begleitet weißt, oder von jemand, der dich liebt. Immer kann man Beziehungen pflegen, eine „erweiterte Familie“ bauen. Wir können Nester bauen, wo immer wir sind. Selbst wenn eine Person dich enttäuscht, gibt es Millionen, die dankbar deine Nähe annehmen werden.

Die Frau braucht diese Kraft der Liebe. Es ist eine Herausforderung, weil die Welt von uns ein Multitasking verlangt. Außerdem macht es die Zerbrechlichkeit der anderen schwer, sich auf sie zu stützen. Und schließlich will man vermeiden, dass man sich für die Familie und die Fruchtbarkeit entscheidet. Die Familie wird auf ein Mindestmaß reduziert. Aber die Frau muss lieben, um glücklich zu sein, sie muss den Narzissmus besiegen und ebenso einen chronischen Erschöpfungszustand. Ich freue mich zu sehen, wie die Frauen, die nach Schönstatt kommen, nach und nach ein festes Nest finden.

Was möchten Sie durch Ihr Leben in dieser Welt verändern?

Dass viele erleben, was Jesus versprochen hat: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt, 28, 20). Ich möchte die Einsamkeit in Gemeinsamkeit wandeln. Ausgehend von Jesus, der sagte, dass die Füchse ihre Höhlen haben, aber der Menschensohn nichts hat, wohin er sein Haupt legen kann. Ich möchte seine Begleiterin sein, damit er etwas hat, das für IHN ist. Und ich möchte bei den Menschen sein, damit sie spüren, dass sie etwas haben, worauf sie sich stützen können.

Mir gefällt es, ganz persönlich zu sein, nahe, warme Beziehungen zu schaffen, kleine Nester. Von ganz unterschiedlicher Art und Intensität, von einem herzlichen Gruß bis zu einer ganz treuen geschwisterlichen Beziehung. Ich versuche, in wichtigen Momenten da zu sein. Ich möchte Ruhe schenken, Gegensätze vermeiden um keine Zeit mit dem zu verlieren, was trennt, sondern das zu fördern, was eint. Ich kämpfe diesen Kampf, der mich fasziniert, weil ich so der Welt helfen kann, ins Herz Gottes heimzukehren.